Hörbuch: Fenitschka

In der Erzählung „Fenitschka“ setzt sich Lou Andreas-Salomé, mit der auch für sie sehr bedeutsamen Problematik von Ehe und dem Bedürfnis nach weiblicher Selbstentfaltung im Kontext des damaligen Frauenbildes auseinander. Die Autorin schrieb diese Novelle um 1900, nach einem langen Aufenthalt in Paris. Deutlich erkennen wir in dieser Geschichte autobiographische Züge. Es geht um eine junge Russin, die nach einem langen Studium endlich zu leben beginnt und nun versucht, das Wesen der Liebe zu ergründen. „Liebe bedeutet für mich, Frieden zu finden“ erklärt sie einem Vertrauten. In einer heimlichen Romanze meint sie, dieses Ideal endlich gefunden zu haben. Als aber die Romanze langsam aufgedeckt wird, werden ihr die Lügen und Heimlichkeiten zur Qual, und als der Geliebte gar versucht, sie mit Hilfe eines Heiratsantrages offiziell an sich zu binden, wird ihr die Natur dieser Liebe plötzlich offenbar, und, vor sich selbst erschreckend, flieht sie. Feinfühlig und detailliert veranschaulicht die Autorin das Schicksal dieser jungen Frau, ihren emotionalen und zwischenmenschlichen Konflikt im Spannungsfeld von Liebe und Rollenzwang.

Lou Andreas-Salomés Erzählung ist eine literarische kunstvoll inszenierte und philosophisch akzentuierte Gesellschaftsstudie, die einen sachlichen und facettenreichen Einblick in das Seelenleben einer emanzipierten Frau zur Zeit der Jahrhundertwende ermöglicht. Sie stellt die Frage nach dem Wesen der Liebe, die heute noch genauso schwierig zu beantworten ist wie damals.

Lou Andreas-Salomé war als Philosophin, Schriftstellerin und Psychoanalytikerin (1861-1937) eine der gelehrtesten und produktivsten Frauen ihrer Generation. Gleichzeitig eine kämpferische Persönlichkeit, die ihrer Zeit weit voraus war und auf ihrem Lebensweg nicht nur von großen Denkern wie Rainer Maria Rilke, Sigmund Freud und Friedrich Nietzsche umworben wurde, sondern diese auch entscheidend in ihrem Schaffen beeinflusste. Als Femme Fatale wider Willen erkämpfte sie sich Freiheit und Unabhängigkeit in einer Zeit, in der die wilde Ehe noch mit Gefängnis bestraft wurde. Ihr schriftstellerisches Werk ist heute leider fast vollständig vergessen, es umfasst unter anderem zahlreiche Romane und Briefe zur Philosophie und Psychologie.
Erstdruck: Cotta, Stuttgart 1898

 

Geschrieben von Lou Andreas-Salomé (Philosophin, Schriftstellerin und Psychoanalytikerin)

Gesprochen von Viola Gräfenstein

Verlag: hoerbuchedition words&music, Berlin

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